Klimawandel – na und?!

Kürzlich habe ich (mal wieder) einen gut recherchierten öffentlichen Vortrag zum Thema Klimawandel besucht. Ausführlich wurden Daten und Dokumentationen über die Klimahistorie der Erdgeschichte und dem von Menschen verursachten Klimawandel der letzten Jahrzehnte präsentiert. Das Publikum war sehr gemischt. Vermutlich zählte ich zu den wenigen, die mit den naturwissenschaftlichen Begrifflichkeiten des Vortags und all den gezeigten Fakten schon vertraut waren:

– Der CO2 Gehalt der Atmosphäre ist dramatisch angestiegen und gleichzeitig die mittlere Globaltemperatur
– Gletscher in Gebirgen und die Eiskappe des Nordpols schmelzen stark und immer schneller. Am Südpol lösen sich gigantische Eisberge. Der Meeresspiegel steigt.
– Die Ozeane versauern wegen der CO2- Anreicherung und gefährden die Grundlage der Nahrungskette in den Weltmeeren.
– Der Permafrost taut auf und setzt Methan frei, das einen vielfach höheren Treibhauseffekt als CO2 hat.
– Lokale und globale Wetterphänomene haben immer größere Ausschläge.

Auch wenn man die einzelnen physikalischen Angaben nicht versteht oder einordnen kann, sind die obigen Phänomene nicht wirklich fremd. Man hat alle schon mal gehört. Aber in dieser geballten Form wirkten sie nicht nur auf mich sehr bedrohlich.

Auch die beschriebenen Randbedingungen für ein Bremsen der Klimaerwärmung auf ein 2-Grad-Ziel sind ernüchternd. Der Energiebedarf unserer wachsenden Weltbevölkerung steigt. Der finanzielle Aufwand der Umstellung der fossilen Wirtschaftssysteme auf Nachhaltigkeit übersteigt die weltweite Jahreswirtschaftsleistung um ein Vielfaches. Aber wir schaffen es nur, wenn wir bis 2050 auf die Nutzung der fossilen Brennstoffen (Kohle, Gas, Erdöl) verzichten. Es ist schwer bei diesen Informationen optimistisch in die Zukunft zu schauen.

Was bedeutet das für jeden einzelnen von uns? Fühlen wir uns veranlasst selber etwas zu tun? Alles, was wir tun, benötigt Energie. Daher haben wir sehr viele Möglichkeiten unser Leben nachhaltiger zu gestalten. Die obigen Erkenntnisse haben mich persönlich dazu getrieben dieses Thema zu meinem Lebens- und beruflichen Mittelpunkt zu machen. Aber ich erlebe jeden Tag wieder, dass ich unter meinen Mitmenschen eher eine Außenseiterrolle darstelle.

Warum ist das so? Was hält uns davon ab, die Bedrohung des Klimawandels als real anzusehen und aktiv und mit konsequentem Nachdruck zu reagieren? Was verursacht unsere Schockstarre?

Ich versuche Antworten darauf zu finden und damit vielleicht auch die Argumente, die etwas bewirken können.

  1. Wir erleben die Bedrohung des Klimawandels als etwas Abstraktes und Virtuelles: Gletscher, Eisberge und Polarregionen sind weit weg; genau wie Dürre, Überschwemmungen und auftauende Tundra in Sibirien. Die Auswirkungen in unseren „Vorgärten“ sind auch schon erkennbar, aber noch nicht bedrohlich: Winzer bauen bei uns erfolgreich mediterrane Rebsorten an. Die sommerlichen Hitzewellen überschreiten bei uns zwar die 40-Grad-Marke, sind aber im Herbst schnell wieder vergessen. Wir akzeptieren, das Wetterextreme nicht mehr „Jahrhundert“-Ereignisse sind, aber weil sie überwiegend lokal sind, begegnen sie den meisten von uns genauso virtuell über die Medien, wie das Schmelzen der Polkappen oder Kriegsbilder aus fremden Ländern. Kurz – wir fühlen uns nicht persönlich bedroht.
  2. Wir fühlen uns sehr wohl mit unseren Lebensgewohnheiten, die die auf fossilen Brennstoffen gegründete industrieelle Revolution hervorgebracht hat:

– Ein Auto mit Verbrennungsmotor ist weit mehr als ein Fortbewegungsmittel – es ist ein Bestandteil unseres Alltag-Selbstverständnisses. Öffentliche Verkehrsmittel waren eine Notwendigkeit für sozial Benachteiligte und lösen immer noch Unbehagen aus.
– Unsere Unterkünfte waren im Winter immer kalt und „müssen“ mit Öl oder Gas geheizt werden. Ein anderes Konzept widerspricht allen Erfahrungen.
– Strom kam nicht nur sprichwörtlich „aus der Steckdose“. Mit Strom getriebene Geräte haben den Anstieg unseres Lebensstandards begründet. Stromerzeugung oder Stromverbrauch zu hinterfragen könnte eine Bedrohung dieses Lebensstandards bedeuten.

  1. Wir fürchten uns vor Veränderungen und werden erst aktiv, wenn unser Leidensdruck sehr groß wird. Der schnelle Wandel unserer technologischen und globalisierten Gesellschaft zwingt uns mehr Änderungen auf, als uns lieb ist. Eine grundlegende Änderung unserer verbliebenen Gewohnheiten würde uns völlig „den Boden unter unseren Füssen entreißen“.
  2. Wir erkennen nicht die Chancen und Vorteile der Umstellung auf eine nachhaltige Lebensgestaltung:

– Erneuerbare Energien müssen nicht importiert werden. Sie sind in ausreichender Menge lokal verfügbar. Wir würden uns unabhängiger von weltpolitischen Turbulenzen machen und vermutlich einen wesentlichen Grund für solche Turbulenzen eliminieren.
– Fossile Energieträger sind nur in begrenzter Menge abbaubar. Unsere Kinder oder Enkel müssen diesen Wandel sowieso bewältigen.
– Nicht nur CO2 sondern auch andere Abgase, Ruß, Staub und Lärm sind Begleiter der fossilen Energien. Lärm- und smogfreie Wohngebiete sind die Konsequenz von globaler Elektromobilität und verbrennungsfreien Gebäudeheizungen.
– Schon heute sind erneuerbare Energien und nachhaltige Konzepte wettbewerbsfähig und ermöglichen denen, die sie nutzen globale Konkurrenzfähigkeit. Selbst für private Haushalte erzeugt eine PV-Anlage Strom für die Hälfte des Preises, den wir unserem Stromversorger zahlen.

 

Argumente zum Handeln gibt es viele.

Anregungen zum Handeln gibt es viele.

 

Was treibt Sie zum Handeln oder was hält Sie ab Ihre Lebensgewohnheiten nachhaltig zu gestalten?

Schreiben Sie über Ihre Beweggründe!

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