Die eMobilität kommt ins Rollen!
Es ist Neujahr 2017. Wir schauen zurück auf das vergangene Jahr und können es kaum glauben. Vor einem Jahr konnten wir uns noch müde an das Ziel der Bundesregierung von 2011 erinnern: Bis 2020 sollen in Deutschland eine Million Elektrofahrzeuge fahren (und bis 2030 dann sechs Millionen)! Das Kraftfahrtbundesamt zählte zum Neujahr 2016 – etwa zur Halbzeit bis zum gesteckten Ziel – aber tatsächlich erst ca. 26.000 Elektro-Pkw (sowie ca. 130.000 Hybrid-Pkw)! Elektromobilität existierte in den deutschen Köpfen also schlicht nicht. Niemand kennt Ladestationen in seinem Umfeld. Aber eindrucksvolle Exoten tauchen plötzlich auf. Amerikanische E-Autos der 100.000 Euro-Preisklasse erschienen lautlos auf deutschen Straßen und sind die Attraktion für alle Auto-Fans. Man redet im Freundeskreis darüber, ob man schon ein Auto mit dem „T“-Logo gesehen hat.
Im April besuche ich die Ergebniskonferenz „Schaufenster Elektromobilität“ in Leipzig. Ich lerne viel über eine mir bis dahin weitgehend verborgene Welt von Elektrofahrzeugen in Deutschland: Die Fahrer der oben genannten Limousinen sind die zufriedensten aller Gruppen. Hier hat sich ein von einem Mäzen gegründetes Unternehmen die eigene Ladeinfrastruktur für seine Kunden entwickelt und europaweit installiert. Und in einem sind sich alle Fahrer von Elektrofahrzeugen einig: Nie wieder zurück zu einem Verbrenner! Währenddessen pocht die geballte deutsche Automobil-Industrie auf staatliche Förderungen und staatlicher Lade-Infrastruktur. Deren Konferenzbeiträge wirken auf mich wie der Ruf von begeisterten Experten, die im eigenen Haus nur wenig Anerkennung und Unterstützung finden. Vielfach mahnen in derselben Konferenz Wissenschaftler und Politiker, dass die deutschen Automobilhersteller den Anschluss an die Konkurrenz in der Welt schon verloren haben.
Das ist vor nicht einmal neun Monaten gewesen. Seitdem hat die Tragweite des Diesel-Abgas-Skandals bei VW existenzbedrohliche Ausmaße angenommen. Und über Nacht ist das Thema Elektromobilität in unserem Alltag angekommen: Im November kündigt der VW-Konzern „den größten Veränderungsprozess in seiner Geschichte“ an. Bis 2025 sollen pro Jahr(!) eine Million Elektrofahrzeuge verkauft werden – bei deutlich geringerer Belegschaft! Wenige Tage vorher sah BMW die „Entwicklung der Elektromobilität … noch mit Unsicherheiten behaftet“, aber veröffentliche ambitionierte Ziele für diesen Markt. Schon im September kündigte Daimler an bis 2025 mindestens 10 verschiedene Modelle von Elektromobilen auf den Markt zu bringen.
Die von der Bundesregierung seit Juli aufgesetzte Elektrofahrzeuge-Kaufprämie hat diese dramatische Änderung in unserem Bewusstsein des letzten Jahres nicht verursacht. Es sind aus meiner Sicht schlicht die Kräfte der Ökonomie, die den notwendigen Systemwechsel zu CO2-neutraler Mobilität antreibt. Wie so oft sind es dramatische Einzelereignisse, die eine zäh wirkende Entwicklung zu einem revolutionären, unumkehrbaren Umschwung drehen.
Foto: Grünert
Das Ziel ist noch lange nicht erreicht. In 2016 sind in Deutschland „nur“ weitere ca. 10.000 Elektro-PKW zugelassen worden. Aber wir sehen jetzt vereinzelte Ladestationen, die leider noch keinen einheitlichen Erkennungswert haben. In München und anderen Ballungsgebieten werden Elektroautos für Car-Sharing angeboten. Die Stadt Mainz hat die „Handlungsstrategie Elektromobilität“ verabschiedet. In Blogbeiträgen wird der Strombedarf für Elektroautos analysiert. Bestimmt haben auch Sie im vergangenen Jahr über Elektromobilität gesprochen.
Zu Zeiten in denen post-faktische Ideologien die Errungenschaften der Energiewende immer stärker bekämpfen, schöpfe ich großen Optimismus aus den oben beschriebenen Beobachtungen. Die Energiewende ist längst in ein Stadium gelangt, in der die „Kräfte des Marktes“ sie weiter beschleunigen.
Weitere Informationen zum Thema E-Mobilität:
Handlungsstrategie Elektromobilität in Mainz
RaBEmobil eCar-Sharing in Wackernheim bei Mainz
Blog-Beitrag über den Strombedarf für Elektroautos