Eine Mauer ist noch keine Wand (3)

Wärmedämmung

Häuser werden gebaut um uns vor dem Wetter zu schützen. Wir fühlen uns sehr wohl, wenn es um uns herum etwa 20°C warm ist, die Luftfeuchtigkeit 60% beträgt und die Luftqualität „frisch“ wirkt, ohne dass wir eine Luftbewegung spüren. Die Gebäudehülle soll diese Bedingungen trotz starker Schwankungen möglichst konstant halten. Aber erst durch eine hoch entwickelte Haustechnik gelang es den mäßigen Schutz unserer Hauswände, -decken und -böden auszugleichen. In unserer Region dienen Heizungen dazu, in anderen Klimagebieten sind es kühlende Klimaanlagen.

Vor etwa 25 Jahren wurden in Deutschland mit einer utopisch anmutenden Idee Wohngebäude realisiert, die keine Heizungsanlagen benötigen: Passivhäuser! Der Kerngedanke dabei ist die Wärmedämmung der Gebäudehülle zu weit zu perfektionieren, dass sie selbst unter widrigen Bedingungen kaum Wärme verlieren. Wie kann der Wärmedurchlass durch Wände verhindert werden? Ein gutes Beispiel sind Thermoskannen: Im Hohlraum einer doppelwandigen Hülle aus schlecht wärmeleitendem Glas- oder Edelstahl befindet sich nur Luft. Bei nahezu allen wärmedämmenden Materialien spielt Luft eine wesentliche Rolle. Wichtig ist, dass sich die Luft so wenig wie möglich bewegen kann, also in möglichst kleinen Hohlräumen eingeschlossen ist. Diese Forderung steht leider im Gegensatz zu der notwendigen Tragfähigkeit von Gebäudemauern.

Wir sehen das an den bestehenden Altbauten: Wohnhäuser, die vor den 1970er Jahren gebaut wurden, benötigen 30-40 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr. Ein Passivhaus benötigt in dieser Darstellung dagegen nur 1,5 Liter Heizöl! Das sind weniger als 5% des damals üblichen Heizbedarfs (, der mit anderen Mitteln als aufwändiger Heizungsinstallation gedeckt werden kann.)

Die nachfolgende Tabelle soll die Dämmeigenschaften der verschiedenen Baumaterialien illustrieren. Innerhalb jeder Spalte sind die Materialdicken so gewählt, dass sie die gleiche Dämmwirkung haben. Die 24 cm dicke Hohlblockwand von 1960 dämmt tatsächlich genauso wie 1,9 cm Styropor oder 5,6 cm Massivholz! Ein Passivhaus hat typischerweise eine statisch optimierte Holzkonstruktion von 42 cm Dicke mit großen Hohlräumen für Dämmung. Eine reine Betonwand müsste 6 Meter dick sein um die gleiche Wirkung zu erreichen! Styropor schafft es schon mit 30 cm. Entsprechend müsste die Hohlblockwand von 1960 mit 28 cm Styropor aufgebessert werden um Passivhausniveau aufzuweisen. Für den Passivhaus-Massivbau gibt es auch innen gedämmte Hohlkammer-Ziegelsteine mit 50 cm Dicke (nicht dargestellt).

Dämmwirkung 1960 und heute

Tabelle: Grünert

Fazit

Solange unsere Gebäude nur von Statikern geplant wurden, war die Dämmwirkung der Wände sehr bescheiden und die Heiztechnik bestimmte allein den Wohnkomfort. Bei geschickter Kombination aus tragenden und dämmenden Materialien werden heute aber Häuser ohne Heizungstechnik gebaut, deren Wände unter 50 cm dick sind. Das Spektrum der dafür verfügbaren Baumaterialien ist sehr groß und längst bestimmen weitere Kriterien wie die Herstellungsenergie und die Recycle-Fähigkeit die individuelle Materialwahl für das jeweilige Bauprojekt.

Eine Antwort

  1. 1. März 2018

    […] die verschiedenen Funktionen einer Wand habe ich schon einiges geschrieben. Heute will ich die Ränder einer Wand betrachten. Wenn zwei […]

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